Einleitung
Die App Voicegym gibt einfaches visuelles Feedback zur Tonlage und zur Betonung. Unter guten Aufnahmebedingungen auch zum Stimmregister (dicke, dünne behauchte/überkompensierte Phonation), dies wird im Spektrogramm sichtbar als Geräusch “unten” und “oben”.
Wie die einzelnen Merkmale im Spektrogramm zu sehen sind, und wie sie geübt werden können erfahrt ihr hier getrennt je nach Merkmal.
HINWEIS: Dieser Text geht davon aus, dass du ein Stereotypes cis weibliches Passing erreichen möchtest.
Elemente des Stimmtrainings
Stimmlage
Die Zielstimmlage ist zwischen 170 und 220 Hertz (auch mal kurz darüber). Es ist möglich auf 150 oder sogar kurzzeitig auf 130 Hertz zu sprechen und feminin zu klingen wenn alle übrigen Kriterien passen, auch viele ältere cis Frauen tun das, aber die Stimme klingt dann nicht mehr so eindeutig feminin. Zum Üben ist es hilfreich lieber in einer höheren Zielstimmlage zu bleiben, damit die Stimme auch in Situationen in denen die Stimme entspannt wird oder nicht so darauf geachtet wird tiefer ist als gewollt.
Die durchschnittliche Sprechstimmlage für Frauen im deutschen liegt bei 170 Hz, jüngere Frauen sprechen oft deutlich höher und ältere Frauen tiefer.
Register
Mit Register werden im Gesang die unterschiedlichen Arten bezeichnet auf die die Stimmlippen schwingen. In der tiefen Sprechstimme sind die Stimmlippen locker und deshalb kurz und dick. Sie schwingen deshalb langsam (also tief) und mit der ganzen Masse der Stimmlippen, die Schwingungsbewegung ist groß, also die Öffnung zwischen den Stimmlippen groß und der Verschluss über die ganze Länge und mit dem ganzen Umfang der Stimmlippen. Das wird auch als Brustregister bezeichnet.
Das Kopfregister oder Falsett ist deutlich höher. Die Stimmlippen sind deutlich stärker gespannt, deshalb sind sie länger und dünner. In diesem Register schwingen vor allem die Ränder der Stimmlippen, und in der Verschlussphase der Schwingung berühren sich ebenfalls nur die Ränder oder die Stimmlippen berühren sich möglicherweise auch nicht mehr auf der vollen Länge. Geübte Sängerinnen können ohne hörbaren Bruch, also fliessend, die Register ineinander übergehen lassen. Diese Fähigkeit ist auch für einen feminineren Stimmklang entscheidend, denn das Ziel ist die Stimme vor allem in diesem Übergangsbereich, der Randkantenschwingung, zu benutzen.
Cis Frauen benutzen ihre Bruststimme seltener und meist nur kurz, oder beim Sprechen in großer Lautstärke. Zur Betonung kann jedoch auch das Falsett verwendet werden, was wiederum die meisten cis Männer nur sehr selten beim Sprechen benutzen. Zum üben der Randkantenschwingung hat es sich bewährt zuerst das Falsett zu üben, bis es auch in der Zielstimmlage benutzt werden kann. Dann kann vorsichtig der Übergangsbereich der Randkantenschwingung geübt werden. Das wichtigste dabei ist nicht wieder in den tiefen Brustregisterbereich zurückzufallen, auch nicht kurzzeitig.
Das passiert vor allem bei Lauten wie dem A und am Satzende zu Beginn noch recht häufig. Die Register sind im Spektrogramm nur schwer zu sehen, wenn die Stimmlippen nicht vollständig schließen gibt es flüsternd klingende Geräusche die im tiefen Bereich und im oberen Bereich des Spektrogramms sichtbar sind, wenn ihr ein gutes Mikrofon habt und in einem stillen Raum seid. Es sieht aus wie wenn man ffffff sagt, nur leiser und während des Sprechens. Wenn die Stimmlippen nicht auf ganzer Länge schließen kommt immer etwas mehr Luft mit durch und die hört man und sieht man auch im Spektrogramm, und die Stimme klingt leise, etwas flüsternd und vor allem weicher.
Das Ziel ist, dass die Stimme vor nur noch weicher klingt, aber das flüsternde Geräusch zunehmend reduziert werden kann.
Artikulation
Eine deutliche und präzise Artikulation wirkt femininer, als wenn etwas undeutlich artikuliert genuschelt wird. Da wir beim Artikulieren die Lippen und die Zunge benutzen ist dieser unterschied im Spiegel oder auf Videos auch sehr schön zu sehen, mit einem femininen Ausdruck gibt es sehr viel mehr Bewegung im ganzen Gesicht. Um die deutliche Artikulation zu üben hilft es diese Sprechweise und auch die Mimik zu imitieren.
Im Spektrogramm ist sie allerdings nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Linguistinnen die die einzelnen Laute im Spektrogramm erkennen können sehen sie aber bei deutlicher Artikulation leichter als bei undeutlicher aussprache. Die deutlichere Artikulation verbessert fast automatisch auch die Betonung. Dabei ist es wichtig nicht in eine stakkatohafte, abgehackte und männlicher wirkende Sprechweise zu verfallen, sondern die Laute fließend miteinander zu verbinden.
Betonung
Mit der Betonung ist die Variation der Sprechgeschwindigkeit und der Tonlage gemeint. Der Bereich in dem die Stimmlage schwankt ist bei einem femineren Ausdruck deutlich größer als bei einem männlicheren Ausdruck. Betonte Wörter, Silben und Laute werden in die Länge gezogen und sind in einer höheren Lage, es gibt allerdings auch Betonung über Vertiefen der Stimme oder größere Lautstärke.
Für einen femininen Ausdruck ist vor allem die Dehnung und die kurzzeitig höhere Stimmlage wichtig. Beides hängt zusammen und besonders die Variation der Stimmlage ist sehr gut im Spektrogramm sichtbar. Auch innerhalb innerhalb eines gedehnten Vokals kann die Tonlage variiert werden. Zu Beginn ist der Verlauf der Grundstimmlage dabei noch geformt wie die Bögen eines kleinen m, da immer wieder in die tiefe Stimmlage abgerutscht wird.
Das Ziel ist ein u-förmiger Verlauf, bei dem entspannt auf der tiefsten Stimme gelandet wird. Bei cis Frauen ist der Verlauf u-förmig da das untere Ende des u näher an der tiefsten möglichen Stimmlage ist. Zu Beginn des Atemzugs ist die Tonlage am höchsten und sie fällt dann bis zum nächsten Atemzug langsam ab. Da wir häufig am Satzende atmen und das Satzenende durch die ein absenken der Stimmlage markiert wird ist hier die Gefahr zu tief zu werden am größten. Vermieden werden kann das mit dem halten der Spannung durch einen leicht fragenderen/unsicheren Tonfall und eine bis zum Atemzugsende deutliche Artikulation. Aber auch bei den entspannteren Vokalen, vor allem dem A, kann es solche Ausrutscher geben.
Stimmsitz
Der Stimmsitz ist sicherlich die am wenigsten gut beschreibbare Qualität der Stimme. Er lässt sich aber spüren, gefühlt „sitzt“ die Stimme an einer bestimmten Stelle. Der Zielstimmsitz ist möglichst „vorn“, im Bereich der Lippen und etwas unterhalb der Nase, und so wenig wie möglich im Brustbereich. Der Stimmsitz ist wird durch alle obigen Faktoren beeinflusst und durch femininere Sprechweise verbessert. Bei einem guten Stimmsitz ist die Stimme lauter und reich an Obertönen, ohne dass dafür Anstrengung nötig ist. Im Spektrogramm ist das aber bei der Sprechstimme nicht gut zu sehen.
Körpersprache
Die Körpersprache kann natürlich im Spektrogramm nicht direkt gesehen werden, aber sie unterstützt sehr die Zielstimme. Spiegel oder Videoaufnahmen als zusätzliche Hilfen sind zum Üben deshalb sehr gut. Häufiger Blickkontakt zu einem imaginierten Gegenüber, Lächeln und deutliche Gestik und Mimik tragen zu einer Annäherung an die Zielstimme sehr viel bei. Um zu Sprechen wie ein Stimmvorbild ist es oft einfacher deren Gestik und Mimik zu imitieren als sich allein auf die Stimme zu konzentrieren. Bei der Gestik ist besonders deutlich dass sehr viel weniger Raum beansprucht wird (vor allem der Bereich vor dem Körper, höher/näher zum Gesicht) als bei einer männlicheren Sprechweise und die Bewegungen fließender sind.